Rede zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes

Rede von MdL Ulf Prange während des Plenums im Niedersächsischen Landtag "Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Hocker, Sie haben lange Ausführungen zu der Debatte gemacht, die wir schon in der Aktuellen Stunde geführt haben. Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass die Realität in diesem Lande dadurch gekennzeichnet ist, dass Nutztiere gerissen worden sind und dass es - so wird es zumindest von der Bevölkerung wahrgenommen - auch ein Bedrohungspotenzial gibt.

MdL Ulf Prange während der Rede im Plenum des Niedersächsischen Landtages

So weit, so gut. Die Frage aber ist: Wie geht man damit um? – Ich glaube, ganz wichtig ist – das haben
Sie auch angesprochen -, dass wir zu einer Versachlichung der Debatte kommen und nicht in
Hysterie und Aktionismus verfallen; denn dann befördern wir das, was in der Bevölkerung aktuell
stattfindet, nur noch weiter. Das jedoch halte ich für kontraproduktiv.

Eigentlich wollte ich gar nicht so viel zu der grundsätzlichen Fragestellung sagen, die schon in der
Aktuellen Stunde abgehandelt worden ist, sondern ich möchte mich vielmehr auf das beschränken,
was Sie mit Ihrem Gesetzentwurf konkret vorgeschlagen haben, nämlich die Aufnahme des Wolfes
in das Jagdrecht. Über diesen Vorschlag kann man diskutieren. Man muss dann aber auch gucken,
welches die rechtlichen Grundlagen sind und welchen Nutzen eine solche Regelung hätte.
Der Wolf ist gemäß der FFH-Richtlinie eine streng geschützte Art, die nicht getötet, verfolgt oder in
irgendeiner Art beeinträchtigt werden darf. Auch das Bundesnaturschutzgesetz stellt den Wolf in § 7
Abs. 2 Nr. 14 unter Schutz. Das ist Fakt. Wenn wir diese rechtlichen Rahmenbedingungen
zur Kenntnis nehmen, müssen wir zunächst einmal prüfen, ob der Landesgesetzgeber überhaupt die
Möglichkeit hat, tätig zu werden. Es gibt in § 2 Abs. 2 des Bundesjagdgesetzes eine Ermächtigungsgrundlage zugunsten der Länder, die Ausfluss des verfassungsrechtlichen Abweichungsrechts im Jagdwesen ist.

Die Länder sind also zuständig und können hier eine Regelung treffen. Ein Bundesland, nämlich
Sachsen, hat dies bislang gemacht. Dort ist von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht
worden, und der Wolf ist dem Jagdrecht unterstellt worden. Die Erfahrungen in Sachsen
sollten wir auch in den weiteren Ausschussberatungen zur Kenntnis nehmen.

Auf der anderen Seite muss man sich aber auch fragen:

Erstens: Welche rechtlichen Auswirkungen hat eine jagdrechtliche Regelung des Landes im Konkurrenzverhältnis zu europarechtlichen Vorgaben und auch zum Bundesrecht?

Zweitens sollte man sich, bevor man eine neue gesetzliche Regelung trifft, auch vergegenwärtigen, wie die aktuelle Rechtslage ist.

Zu dem letzten Punkt ist darauf hinzuweisen, dass wir gerade mit Blick auf die Gefährdung von Menschen schon eine Rechtsgrundlage haben. Es ist möglich, Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot zu machen, kann den Wolf in letzter Konsequenz töten oder anderweitig verbringen. Ausnahmen sind konkret dann möglich, wenn Wölfe an Tierseuchen leiden, wenn sie Menschen angegriffen oder sich in sonstiger Weise gegenüber Menschen aggressiv verhalten haben. Nicht möglich ist es aber bei Nutz- und Wildtieren.

Ich glaube, den ersten Punkt, dass wir nämlich eine Regelung haben, um Menschen Schutz zu
gewähren, wenn es zu Übergriffen durch den Wolf kommt, müssen wir ganz deutlich nach außen
kommunizieren. Bislang wird auch in den Medien zum Teil der Eindruck erweckt, dass Politik und Verwaltung letztendlich handlungsunfähig sind. Das ist aber in keinster Weise der Fall. Wir sehen das auch im Fall des Waldkindergartens so, wo es diese Gefährdungssituation gibt. Wir haben das zur Kenntnis genommen. Aufgrund der DNA-Analysen, die jetzt vorliegen – auch ich hätte mir gewünscht, dass sie früher vorgelegt werden; ohne Frage -, ist inzwischen geklärt, dass es dort den Wolf gibt. Dann muss jetzt des Weiteren eruiert werden, ob es diese Gefährdungslage konkret gibt und ob man
nicht schon auf der Grundlage des geltenden Naturschutzrechts intervenieren kann.

Der zweite Punkt betrifft die Frage: Was würde sich aktuell ändern, wenn wir den Wolf in die Liste
des § 5 des Niedersächsischen Jagdgesetzes aufnehmen würden? – Ich glaube, de facto würde
sich nichts ändern. Man kann darüber streiten, wie es mit der Population aussieht. Das sind ja immer
die Argumente, über die auch in Sachsen diskutiert worden ist. Im Wesentlichen soll die Wolfspopulation durch die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht kontrolliert werden können. Verhaltensauffällige Wölfe – sogenannte Problemwölfe – sollen getötet werden können. Und der Wolf soll von der Verpflichtung zur Hege profitieren.

Zu dem ersten Punkt: Wolfspopulation kontrollieren. Man kann lange darüber streiten, wie groß die
Population ist. Hierzu gibt es unterschiedliche Zahlen. 50 ist, glaube ich, die aktuelle Zahl. Es gibt
auch Streit unter den Experten über die Frage: Ist das schon ein hinreichend großer Bestand? – Das
muss man sich sicherlich im Einzelnen anschauen. Wir werden das im Ausschuss auch tun. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sich der rechtliche Umgang mit dem Wolf an seinem
Schutzstatus zu orientieren hat. Der ist rechtlich so normiert, dass selbst dann, wenn man eine solche
Regelung hätte, nicht in die Population eingegriffen werden könnte. Die Tötung verhaltensauffälliger Wölfe – dazu habe ich eben schon Ausführungen gemacht – ist auch nach geltendem Naturschutzrecht möglich. In Einzelfällen kann der Wolf aus der Wildbahn entnommen werden. Auch eine Eliminierung ist als Ultima Ratio möglich. Von daher haben wir bereits hinreichend rechtliche Möglichkeiten, um einzuschreiten.

Die dritte Frage lautet: Kommt der Wolf in den Genuss der Verpflichtung zur Hege? – Im Zusammenhang damit stellt sich die Frage – darüber sollte auch mit der Jägerschaft gesprochen werden -, ob die Jägerschaft überhaupt bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen, ohne davon – Ihr Vorschlag enthält ja auch eine ganzzeitige Schonzeit – einen Vorteil zu haben. Das wäre nicht der Fall. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Mittel aus der Jagdabgabe würden dann in Wolfsprojekte fließen und für andere Projekte nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch das Konfliktfeld zwischen Naturschutz und Jägerschaft würde eher noch weiter negativ gestaltet. Ich glaube also nicht, dass das unbedingt etwas ist, was die Jägerschaft vorrangig intendiert. Von daher glaube ich: Ihr Antrag ist gut gemeint, angesichts der rechtlichen Situation, der höherrangigen bundes- und europarechtlichen Vorschriften letztendlich aber nicht umsetzbar."