Aus dem Plenum – Januar 2016

Zu Beginn wird unser Innenminister Boris Pistorius eine Unterrichtung zur Sicherheitslage in Niedersachen vornehmen. Wir erleben nach den abscheulichen Ereignissen von Paris, Istanbul und Köln einen Wettbewerb der schnellen Lösungen. Viele dieser Lösungsvorschläge sind in Wirklichkeit gar keine.

Ulf Prange MdL

Teilweise führt die Politik Scheindebatten, nur um den Menschen vorzugaukeln, dass etwas passiert. Die Täter müssen unabhängig von ihrer Herkunft ausfindig gemacht, verurteilt und bestraft werden. Ich vertraue darauf, dass unsere Sicherheitsbehörden die schwierigen Ermittlungen mit der notwendigen Sorgfalt führen und unsere Justiz das Strafrecht schnell und konsequent anwendet. Trotzdem stellen für mich die Ereignisse der Silvesternacht in Köln eine Art Zäsur dar. Es waren abscheuliche Übergriffe auf schutzlose Personen, die ich in aller Deutlichkeit und aufs Schärfste verurteile.

Dass dies auch Andere so sehen, zeigt die Heftigkeit der aktuellen politischen Debatte. Bald jeden Tag kommen neue Vorschläge von allen politischen Seiten auf den Tisch. In der heutigen Debatte wollen wir versuchen, etwas Besonnenheit und Klarheit in die Diskussion zu bringen.

 

Aktuelle Stunde:

Bis zum Jahr 2035 erwartet Niedersachsen einen Bevölkerungsrückgang um etwa 5 Prozent. Trotzdem prognostiziert die NBank allein bis zum Jahr 2022 100.000 zusätzliche Haushalte. Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt deswegen anhaltend hoch. Gerade in den Ballungszentren ist die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung aber heute schon schwierig. Wir wollen daher von der Möglichkeit der Einführung einer „Mietpreisbremse“ für bestimmte Kommunen Gebrauch machen. Zusätzlich haben wir ein 400-Millionen-Wohnungsbauprogramm aufgelegt.

Dieses Programm zielt besonders auf die Schaffung von Mietwohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen, für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftige Menschen ab. Wir wollen die problematische Situation auf dem Wohnungsmarkt und unsere Maßnahmen daher in unserer Aktuellen Stunde „Bezahlbaren Wohnraum in Niedersachen sicherstellen“ zum Thema im Plenum machen.

 

Zu unseren Gesetzesentwürfen und Anträgen:

TOP 4 Gesetz zur Absenkung des Wahlalters für die Landtagswahl (Drs. 17/4966)

Die unmittelbare Beteiligung junger Menschen an den gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen ist ein wesentlicher Bestandteil der Demokratieerziehung. Mit steigendem Alter und wachsender persönlicher Reife

muss der Grad der Beteiligung der Jugendlichen spürbar steigen, um demokratische Prozesse erlebbar zu machen. Zur Stärkung der Beteiligungsrechte Jugendlicher ist eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre sinnvoll und entspricht auch den Interessen einer Vielzahl von Jugendlichen in diesem Alter. Mit unserem

Gesetzesentwurf wollen wir diese Absenkung vornehmen. Für das verfassungsändernde Gesetz bräuchten wir im Landtag eine Zweidrittelmehrheit. Die CDU müsste dem Entwurf also zustimmen.

 

TOP 16 Bürgernahe Justiz in Zeiten des demografischen Wandels – Modellprojekt Südniedersachsen (Drs. 17/3700)

Alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen sollen unabhängig von ihrem Einkommen ihre Rechte durchsetzen können und gleichen Zugang zu Recht und Justiz haben. Dazu gehört auch, dass Bürgerinnen und Bürger einen effektiven Zugang zur Justiz in erreichbarer Nähe haben.

Kurze Wege zu den Gerichten stellen sicher, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte wahrnehmen können und so Bürgernähe nicht nur im übertragenen Sinne verwirklicht wird. In Zeiten des demografischen Wandels, in denen die Bevölkerung im Schnitt deutlich älter wird, werden lange Anreisen zu einem erheblichen Problem.

Durch unseren Antrag, den wir in der Drs. 17/4936 beschließen, fordern wir die Landesregierung auf, in der Region Südniedersachsen im Rahmen eines  Modellprojekts Gerichtstage des Sozialgerichtes einzuführen.

Zusätzlich fordern wir zu prüfen, ob und inwieweit auch in den anderen Gerichtsbarkeiten und Regionen noch mehr Bürgernähe durch die Einführung vergleichbarer Modelle möglich wäre.

 

TOP 24 Bundesfernstraßen: Auftragsverwaltung erhalten – Planung und Finanzierung optimieren (Drs. 17/4691)

In Niedersachsen, dem zweitgrößten Bundesland, arbeitet eine leistungsfähige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr mit regionalen Geschäftsstellen zur Umsetzung von Bundes- und Landesaufgaben. Qualifizierte Mitarbeiter der Landesbehörde sind darüber hinaus in den Regionen mit den Aufgabenträgern, den Landkreisen und Städten und Gemeinden vernetzt und erledigen für diese Stellen vertraglich geregelte Aufgaben. Diese gut funktionierende Zusammenarbeit gilt es zu

erhalten. Gleichzeitig sind Landesaufgaben für die direkte Verkehrspolitik des Landes von der Landesbehörde zu erledigen. Im Zuge der Neustrukturierung sind die Landesbehörden zur Auftragsverwaltung zu erhalten. Eine länderübergreifende Überlegung für eine Privatisierung des Fernstraßennetzes lehnt der Landtag ab. Wir fordern die Landesregierung daher auf, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass bei der Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft (Bundesautobahn-/Bundesfernstraßengesellschaft) die bisherigen Strukturen der Auftragsverwaltung des Bundes in den Ländern erhalten bleiben.

 

TOP 24 Gleichstellungspolitik strategisch denken und wirksam umsetzen – Für eine zukunftsfähige Neuauflage des NGG (Drs. 17/4957)

Die niedersächsische Gleichberechtigungsgesetzgebung ist vor über 20 Jahren mit großem Engagement von der damaligen rot – grünen Landesregierung initiiert worden. Gleichstellungsbeauftragte, damals noch Frauenbeauftragte, wurden mit dem Ziel eingestellt, nachhaltige Impulse für die Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst zu setzen. Das Gesetz ist ein wichtiges Instrument, die Gleichstellung von Frauen auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung zu erreichen. Gesellschaftlicher Fortschritt und Gleichstellung gehören zusammen. Unsere Leitlinie für ein zu kunftsorientiertes Niedersachsen ist ein gleichberechtigtes und partnerschaftliches Miteinander von Männern und Frauen. Daher fordern wir die Landesregierung mit unserem Antrag auf, das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz weiterzuentwickeln.

 

TOP 36 Verbesserung der Schutzgebietsbetreuung vor Ort durch Ökologische Stationen (Drs. 17/4962)

Neben der hoheitlichen Sicherung durch die unteren Naturschutzbehörden der Natura-2000-Gebiete wird es künftig darauf ankommen, Maßnahmen für die Erhaltung oder gegebenenfalls erforderliche Wiederherstellung der relevanten Qualitäten und Wertigkeiten dieser Gebiete vorzunehmen, um den strengen Maßstäben der EU im Naturschutz gerecht zu werden. Eine entsprechend den Erfordernissen in den jeweiligen Gebieten angemessene Vor-Ort-Betreuung von Schutzgebieten kann einen zentralen Beitrag zur Erreichung des Schutzzwecks der jeweiligen Schutzgebiete bzw. der Erhaltungsziele für die FFH-Gebiete und EU-Vogelschutzgebiete leisten. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung daher auf, eine entsprechende Vor-Ort-Gebietsbetreuung zu initiieren und langfristig aufzubauen.

 

TOP 37 Hormonstörende Stoffe gehören nicht ins Grundwasser – Endokrine Disruptoren erkennen, definieren und die Forschung stärken (Drs. 17/4963)

Das Thema der endokrin wirksamen Stoffe wird aktuell auf der EU-Ebene diskutiert. Am 1. Juni 2015 hat in Brüssel eine EU-Konferenz stattgefunden, um Kriterien zur Identifizierung von endokrinen Disruptoren zu benennen. Das Land Niedersachsen kann dazu einen Beitrag leisten, in dem es die Bedenken aus der Wissenschaft teilt, die Forschung fördert und den Prozess um die Regulierung und Identifizierung gesundheitsgefährdender Stoffe begleitet und forciert. Mit unserem Antrag wollen wir dazu einen Anstoß geben.

 

TOP 38 Europäische Stahlindustrie – vor unlauterem Wettbewerb schützen und für faire Handelsbedingungen im internationalen Stahlmarkt sorgen! (Drs. 17/4972)

Wir beobachten dramatische Verwerfungen auf den internationalen Stahlmärkten. Hintergrund sind massive Überkapazitäten vor allem in China. Wegen des dort unerwartet stark geschrumpften Wirtschaftswachstums exportieren chinesische Produzenten dank staatlicher Subventionen zu Niedrigstpreisen in ungekanntem Maße. China verlagert sein Strukturproblem von rund 400 Millionen Tonnen Rohstahl-Überkapazität in die anderen Stahlregionen der Welt.

Trotz rasant steigender Verluste vieler chinesischer Stahlunternehmen erreichten die chinesischen Stahlexporte im September 2015 ein Jahresrekordniveau von über 130 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Die Nachfrage in der Europäischen Union beläuft sich aktuell auf rund 150 Millionen Tonnen pro Jahr. Die meisten europäischen Stahlunternehmen erwarten zusehends Verluste. Sie sind gezwungen, Marktanteile abzugeben oder sich am zerstörerischen Preiskampf zu beteiligen.

Vor diesem Hintergrund bitten wir mit unserem Antrag die Landesregierung, die Bundesregierung aufzufordern, sich bei der EU-Kommission für den Erhalt einer starken Grundstoffindustrie als wichtigstes Element der industriellen Wertschöpfungsketten einzusetzen.

Wirtschaftsminister Olaf Lies lädt in diesem Zusammenhang am 8. Februar 2016 führende Vertreter der niedersächsischen Stahlindustrie, Gewerkschaftsvertreter und Mitglieder der Fraktionen des niedersächsischen Landtages zu einem Stahlgipfel ein.