Aus dem Plenum im Februar 2016

Die Herausforderungen der Flüchtlings- und Asylpolitik beschäftigen uns und die Menschen in Niedersachsen noch immer intensiv. Mit dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen und unseren Anstrengungen, die vielen schutzsuchenden Menschen bei uns aufzunehmen, ging auch eine Polarisierung in allen Politikfeldern einher.

Fast täglich werden neue Vorschläge zur Bewältigung der Herausforderungen auf den Tisch gebracht. Die so geschaffene Vielstimmigkeit verursacht Unruhe bei vielen Menschen. Diese haben zunehmend den Eindruck, dass der Staat die Situation nicht mehr im Griff hat.

Die Folge ist, dass ein Teil der Bevölkerung zugänglich für die einfachen Botschaften der politischen Ränder wird. Auch die etablierten Parteien versuchen zum Teil, diese Stimmung in der Gesellschaft zu befriedigen. Die CSU beispielsweise bezeichnete unseren Staat jüngst als einen Unrechtsstaat. Die Folgen sind fatal: Die Umfragewerte rechter Parteien, die Anzahl der Hasskommentare im Internet und die Zahl der Schreckschuss- und Reizstoffwaffen im privaten Besitz steigen. Die Gesellschaft ist verunsichert.

Dem begegnen wir mit klarem Kurs. Wir fördern den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Es muss deutlich werden, dass die Chancengerechtigkeit und die Sicherheit der Bevölkerung weiterhin im Mittelpunkt unserer Politik stehen.

Wir haben mit unserer Regierungsmehrheit dazu bereits die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen: Niedersachen ist wirtschaftlich stark. Noch nie gab es mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und eine so hohe Nachfrage nach Arbeitskräften in unserem Land. Wir haben die Landesaufnahmebehörde gestärkt und Zustrom sowie Verteilung der Flüchtlinge geregelt. Wir haben die Kostenpauschalen für die Kommunen erhöht. Wir haben mit der Stärkung der Ganztagsschule, mit zusätzlichen Stellen für Lehrer und Sozialarbeiter an Schulen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Kinder schnell unsere Sprache lernen und damit bei uns ankommen können. Wir sind dabei, neben dem angebotenen Sprachunterricht für Erwachsene auch Kurse für die Vermittlung der Grundsätze unseres Zusammenlebens und unserer Rechtsordnung zu etablieren. Wir haben den sozialen Wohnungsbau gestärkt. Und wir halten leistungsfähige Sicherheitsbehörden vor, die Verstöße gegen unsere Regeln sanktionieren.

Unser Ministerpräsident Stephan Weil hat als Rahmen für die Bewältigung der Flüchtlingskrise vorgegeben: 1. Bekämpfung der Fluchtursachen, 2. Schutz der EU-Außengrenzen, 3. Kontingente für eine geregelte Zuwanderung und 4. eine gelungene Integration. Letztere werden wir durch unser starkes Engagement bei Kindertagesstätten, Ganztagsschulen, Qualifizierung und Wohnungsbau erreichen. Der Integrationsplan der Bundes-SPD geht ebenfalls in diese Richtung und sieht dazu weitere Bundesmittel vor, die wir für ein Gelingen benötigen.

Chancengerechtigkeit für alle Menschen, die bei uns leben, ist Kern sozialdemokratischer Politik. Wir in Niedersachen schaffen die Voraussetzungen dafür. Sie ist wichtiger Baustein für den Zusammenhalt und damit für eine gelingende Integrationspolitik in unserem Land. Diesen Ansatz machen wir daher in unserer Aktuellen Stunde „Zusammenhalt durch Integration“ zum Thema im Plenum.

 

Zu unseren Gesetzesentwürfen und Anträgen:

TOP 3 Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (Drs. 17/4984)

Die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) ist eine von den Ländern gemeinsam eingerichtete und finanzierte Stelle beim Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Die ZLS ist Prüfstelle für die Prüfung von Verbraucherprodukten zur Vergabe des GS-Zeichens und zugelassenen Überwachungsstellen für die Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen. Außerdem nimmt die ZLS seit der letzten Änderung des Staatsvertrages im Jahr 2012 stufenweise Koordinationsaufgaben im Bereich der Marktüberwachung für die Länder wahr. Mit der nunmehr anstehenden Änderung des Abkommens wird der Wortlaut an die aktuelle Rechtslage angepasst. Außerdem wird mit der Anerkennung von Prüfstellen eine neue Aufgabe aus dem Umweltrecht auf die ZLS übertragen.

 

TOP 4 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Mediengesetzes (Drs. 17/4540)

Mit dem vorliegenden Gesetz nehmen wir eine Reihe von Änderungen an unserem Mediengesetz vor. Neben Anpassungen aufgrund veränderter Rechtsprechung soll der Bürgerrundfunk durch eine angemessene finanzielle Ausstattung gestärkt werden. Seine Förderung soll nicht unter das aktuelle Niveau sinken; von Mehreinnahmen der NLM soll der Bürgerrundfunk zukünftig anteilig profitieren. Darüber hinaus sollen in die Versammlung künftig 38 statt bislang 26 Mitglieder entsandt werden. Die Auswahl der entsendenden Verbände und Organisationen wurde leicht verändert. Durch diese Veränderungen wird die Zusammensetzung der NLM-Versammlung an die geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst. Ihre Mitglieder bilden die Vielfalt und Breite der Meinungsbildung in der Bevölkerung so besser ab als bisher.

 

TOP 5 – 7 Neubildung von Kommunen (Drs. 17/4864, 5031, 5032)

Mit den Gesetzen werden wir einige Neubildungen von Kommunen auf den Weg bringen. Wir entscheiden über die Neubildung der Gemeinde Söllingen im Landkreis Helmstedt, der Gemeinde Walkenried, im Landkreis Osterode am Harz und der Gemeinde Remlingen-Semmenstedt im Landkreis Wolfenbüttel.

 

TOP 9 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Jugendarrestvollzuges in Niedersachsen (Drs. 17/4111)

Der Gesetzesentwurf stellt die gesetzliche Grundlage für den Jugendarrestvollzug in Niedersachsen dar. Diese Form der Freiheitsentziehung war bislang nur unzureichend gesetzlich geregelt. Neben der Vorschrift des § 90 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) erfolgte eine nähere Ausgestaltung im Wesentlichen durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, der Jugendarrestvollzugsordnung. Seit der Föderalismusreform liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Von dieser Gesetzgebungskompetenz machen wir nunmehr Gebrauch. Der wesentliche Anteil des Jugendarrestes betrifft den Arrest als jugendrichterliche Sanktionsmöglichkeit wegen Begehung einer Straftat, entweder als direkt ausgeurteilte Sanktion oder im Rahmen eines Nichtbefolgungsarrestes.

 

TOP 10 Entwurf eines Gesetzes über die Pflegekammer Niedersachsen (Drs. 17/5110)

Der demografische Wandel verleiht der Sicherung der pflegerischen Versorgung eine zunehmende Dringlichkeit. Das Bedürfnis nach einer niedersächsischen Pflegekammer ist in der Vergangenheit von den Pflegeverbänden sowie dem Förderverein zur Errichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen e. V. vielfach an die Niedersächsische Landesregierung herangetragen worden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf greifen wir dieses Anliegen auf, betreten rechtliches Neuland und schaffen die Voraussetzungen für die Errichtung einer Pflegekammer Niedersachsen.

Die Pflege erfährt durch die Gründung der Pflegekammer Niedersachsen eine deutliche Aufwertung. Diese Stärkung des Berufsstandes erfolgt auch im Interesse der Sicherung des Fachkräftebedarfs und der Qualität in den Pflegefachberufen sowie mit der Überzeugung, dass eine Pflegekammer als Institution besser als bisher auf die zukünftigen Herausforderungen bezüglich der Pflegeausbildung, der Pflegepraxis und der Interessenvertretung der in der Pflege Beschäftigten reagieren kann.

Die Pflegekammer ist eine demokratisch legitimierte berufspolitische Vertretung aller Pflegefachkräfte. Damit ist sie geeignet, sowohl das Selbstverständnis als auch die öffentliche Wahrnehmung des pflegerischen Berufsstandes entscheidend zu verbessern. Pflegefachkräfte werden als eigenständige Profession und wichtige Akteure im Gesundheitswesen anerkannt und können mit größerem Selbstbewusstsein agieren. Wir beraten unseren Entwurf in erster Lesung.

 

Neben den Gesetzesentwürfen beraten wir auch wieder einige unserer Anträge in erster Lesung:

TOP 14 Gesundheitliche Verbesserungen auf Baustellen voranbringen (Drs. 17/5118)

Das Arbeitsschutzgesetz und die Betriebssicherheitsverordnung stellen einen wesentlichen Aspekt eines jeden Arbeitsverhältnisses dar. Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Gefährdung für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer möglichst zu vermeiden. In den vergangenen Jahren sind von der Bauwirtschaft gemeinsam mit den Sozialpartnern große Anstrengungen unternommen worden, nachhaltiger und umweltschonender zu bauen und die gesundheitlichen Belastungen für die Beschäftigten zu reduzieren. Dies konnte u. a. dadurch erreicht werden, dass stets moderne Maschinen- und Gerätetechnik eingesetzt und die Arbeitssicherheit kontinuierlich erhöht wurde. Gleichwohl geht aus Studien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin sowie der Deutschen Krebsgesellschaft hervor, dass jährlich 1.100 bis 2.200 Todesfälle aufgrund von Lungenkrebs durch eine Reduzierung der Dieselrußemissionen vermieden werden könnten. In der Praxis zeigt sich also, dass Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes noch nicht zufriedenstellend erfüllt sind. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung daher auf, zu prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, die vorhandenen arbeitsrechtlichen Auflagen und Standards zu verbessern, um den Beschäftigten einen höheren Gesundheitsschutz bieten zu können.

 

TOP 19 Wegweiserkurse für Flüchtlinge stärken (Drs. 17/5134)

Alle Angebote in Erstaufnahmeeinrichtungen, die die Teilhabe von Flüchtlingen an der hiesigen Gesellschaft erleichtern, sind sinnvoll. Dazu gehören insbesondere die in Niedersachsen seit 2012 angebotenen Wegweiserkurse, die Asylbewerberinnen/Asylbewerbern, Spätaussiedlerinnen/Spät-aussiedlern und jüdischen Migrantinnen/Migranten bessere Startbedingungen in Deutschland er-möglichen sollen. Wichtig hierbei sind neben der sprachlichen und kulturellen Erstorientierung die Vermittlung der Werte des Grundgesetzes und erster Kenntnisse über den Aufbau der Bundesrepublik Deutschland, des Bildungs- und Arbeitssystems und über das Gesundheitswesen sowie von Informationen über das Asylverfahren und das Behördensystem. Aufgrund des großen Zuzugs von Flüchtlingen herrscht aktuell ein erhöhter Bedarf an Wegweiserkursen. Mit unserem Antrag fordern wir von der Landesregierung ein angepasstes Angebot in den Erstaufnahmeeinrichtungen einzurichten.

 

TOP 25 Für Europa, Niedersachsen und die Regionen: Potenzial von Recycling für nachhaltige Rohstoffversorgung nutzen (Drs. 17/5119)

Niedersachsen hat aus seiner industriellen Tradition heraus eine hohe Kompetenz im Aufsuchen, Gewinnen, Verarbeiten und Recyceln von metallischen Rohstoffen. Gerade in der Vergangenheit hat sich aber auch die Abhängigkeit von strategischen Rohstoffen durch geopolitische Veränderungen, Preisspekulationen und dadurch bedingte Volatilität sowie teilweise künstlich erzeugte Verknappung als nachteilig erwiesen. Daher ist es richtig, dass die EU, der Bund und das Land Niedersachsen das Thema der strategischen Rohstoffe – Versorgung, Substitution und Recycling – aufgegriffen haben. Mit unserem Antrag bitten wir die Landesregierung, in ihrem Engagement nicht nachzulassen und u. a. das Projekt „Sekundärrohstoffzentrum“ als Bestandteil des Südniedersachsenprogramms als einen zentralen Schwerpunkt der Regionalentwicklung im Harz weiterhin zu unterstützen und umzusetzen.

 

TOP 26 Agrarrohstoffspekulationen wirksam entgegentreten – EU-Finanzinstrumente-Richtlinie nicht aufweichen (Drs. 17/5120)

Die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II sollte mit Verabschiedung 2014 Nahrungsmittelspekulationen eingrenzen. Die technischen Details, die erarbeitet wurden, wie auch die Beschränkungen der Richtlinie auf den börslichen Handel, drohen aber das erklärte Ziel aufzuweichen. Neben den Spekulationen ergeben sich steigende und teils extrem volatile Preise für Grundnahrungsmittel wie Mais, Weizen und Reis, die Kleinbauern und Konsumenten in Entwicklungsländern immer wieder in Notlagen bringen, ebenso durch die wachsende Weltbevölkerung – und damit die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln – sowie die Zweckentfremdung großer Anbauflächen für die Produktion von Biotreibstoffen. Mit unserem Antrag bitten wir die Landesregierung, sich über den Bundesrat gegen Agrarrohstoffspekulationen einzusetzen.

 

TOP 31 Car-Pass einführen – Tachomanipulation wirksam eindämmen (Drs.17/5121)

Auf rund 6 Milliarden Euro schätzt der ADAC den jährlichen Schaden, der durch Manipulation des Tachostandes von Kraftfahrzeugen zur Erzielung eines höheren Gebrauchtwagenpreises, niedrigerer Leasingkosten oder zum Zwecke der Erschleichung von Garantieleistungen entsteht. Mit der Einführung digitaler Tachometer, die seit der Jahrtausendwende überwiegend eingesetzt werden, wurde die Manipulation deutlich erleichtert. Belgien ist es mit der Einführung eines Car-Passes gelungen, die Tachomanipulation binnen weniger Jahre deutlich einzudämmen. Ein Car-Pass ist ein fahrzeugindividueller Auszug aus einer zentralen Datenbank, in die bei jedem Werkstattbesuch, bei jedem Besuch eines Reifenhändlers und bei jeder Hauptuntersuchung die jeweilige Kilometerleistung anhand der Fahrgestellnummer des Fahrzeugs eingetragen wird. Auf diese Weise entsteht eine relativ enge Dokumentation, die Manipulationen zwar nicht unmöglich macht, jedoch deutlich erschwert. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für die verbindliche Einführung eines Car-Passes auch in Deutschland einzusetzen.