Aus dem Plenum im April 2016

Zu Beginn dieses Plenarabschnitts wird unser Ministerpräsident Stephan Weil eine Unterrichtung des Landtags zur aktuellen Situation bei Volkswagen vornehmen. Die letzten Wochen und Monate haben deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, dass das Land, vertreten durch unseren Ministerpräsidenten Stephan Weil und unseren Wirtschaftsminister Olaf Lies, sich seiner Verantwortung stellt und mit viel Zeit- und Kraftaufwendung auf dieses für das Land bedeutende Unternehmen einwirkt.

Das größte Unternehmen unseres Landes steckt in einer tiefen und vielschichtigen Krise. Vielleicht sogar die größte Krise in der Unternehmensgeschichte. Für Volkswagen werden die nächsten Wochen entscheiden, ob das Unternehmen wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen kann. Sogar von Schicksalswochen ist die Rede.

Inzwischen ist es nicht mehr nur der Skandal um die manipulierten Abgaswerte bei Dieselmotoren, der Volkswagen Schwierigkeiten bereitet. Aber ausgelöst durch dieses betrügerische Vorgehen einiger weniger Mitarbeiter, wird zurzeit der gesamte Konzern erschüttert. Gleichzeitig tauchen Fragen nach der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, der Art der Unternehmensführung sowie der Produkte des Unternehmens auf.

Der Volkswagenkonzern ist der größte Arbeitgeber unseres Landes. Zehntausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Familien leben von dem, was in Wolfsburg, in Emden, hier in Hannover und an vielen anderen Orten in Niedersachsen und in Deutschland erarbeitet wird. Und sie machen einen guten Job. Wir beobachten mit großer Sorge, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Krise des Konzerns ganz persönlich zu spüren bekommen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als würde jetzt die Gelegenheit der Krise genutzt werden, um Verschiebungen beim Personal insgesamt vorzunehmen.

Es muss außerdem ein Zeichen bei der Inanspruchnahme der Boni für die Vorstandmitglieder geben. In Zeiten, in denen das ganze Land um die Zukunft dieses herausragenden Unternehmens bangt. In Zeiten, in denen die Standortkommunen durch die Volkswagenkrise mit herben Einbußen bei der Gewerbesteuer betroffen sind. In Zeiten, in denen die Aktionäre des Konzerns, z. B. auch das Land Niedersachsen, auf Dividenden verzichten müssen. In Zeiten, in denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Einschränkungen bereit sind, um Beschäftigung zu sichern. In diesen Zeiten muss auch die Führung dieses Unternehmens dazu bereit sein, Verzicht zu üben!

Verzicht und Zurückhaltung hätte in der letzten Woche auch den Vertretern von „Haus und Grund“ gutgestanden: Die Landesregierung wird von der durch die Bundesebene geschaffene Möglichkeit Gebrauch machen und eine sogenannte „Mietpreisbremse“ für bestimmte Kommunen und unsere Inseln einführen. Das Ziel dieser Maßnahme ist es, die rasant steigenden Mieten in diesen Regionen zu begrenzen und den Wohnraum für alle bezahlbar zu halten. Es kann nicht sein, dass sich nur gewisse Bevölkerungsschichten Wohnraum in bestimmten Regionen und Städten leisten können. In der letzten Woche haben dann Interessensvertreter der Vermieter von „Haus und Grund“ ihren Mitgliedern empfohlen, die Mieten in den betroffenen Regionen vor Inkrafttreten der Bremse maximal zu erhöhen. Die so unverhohlen zum Ausdruck kommende Gier wollen wir in unserer Aktuellen Stunde „Soziale Verantwortung übernehmen – Wohnen muss bezahlbar sein“ zum Thema im Landtag machen.

Zu unseren Gesetzesentwürfen und Anträgen:

TOP 4 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze (Drs. 17/5422)

Das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz bedarf an einigen Stellen der Änderung und Anpassung. Mit dem Gesetzentwurf wird das Ziel verfolgt, die kommunalabgabenrechtlichen Vorschriften den tatsächlichen und rechtlichen Entwicklungen sowie den Bedürfnissen der Praxis anzupassen.

TOP 5 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften sowie über Gebietsänderungen im Bereich des Hafens Wilhelmshaven (Drs. 17/5423)

Der Gesetzentwurf dient der weiteren Umsetzung unseres Koalitionsvertrages zu den Themen „Modernes Kommunalverfassungsgesetz“ „Frauen- und Gleichstellungspolitik“ und „Mehr Beteiligung für Bürgerinnen und Bürger“. Mit dem Gesetzentwurf sollen insbesondere drei Ziele verfolgt werden: Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen, mehr direkte Bürgerbeteiligung und Erleichterungen bei der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen.

TOP 15a Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Heimgesetzes (Drs. 17/3914)

Es ist dringend erforderlich, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ältere auf Hilfe und Betreuung angewiesene Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt leben und auch gemeinschaftlich wohnen können, auch soweit sie an demenziellen Erkrankungen leiden. Im Interesse der Stärkung der ambulanten Pflege ist eine Anpassung der gesetzlichen Voraussetzungen erforderlich, um die Gründung alternativer Wohnformen zu erleichtern. Es ist der weit überwiegenden Mehrheit älterer und pflegebedürftiger Menschen in der Praxis kaum möglich, die organisatorischen und vernetzenden Aufgaben zu bewältigen, die mit der Gründung einer Wohngemeinschaft verbunden sind und ihr üblicherweise vorausgehen. Daher sollen mit dem Gesetzentwurf praxistaugliche Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass künftig Wohnmodelle und Betreuungssettings angeboten werden können.

TOP 15b Windenergie sicher und verträglich gestalten: Belastungen für Mensch und Umwelt vermeiden, Nachtkennzeichnung verbessern, Blockaden durch die Flugsicherung auflösen (Drs. 17/5283)

Mit unserem Antrag bitten wir die Landesregierung, sich gegenüber den Trägern der Sozialhilfe dafür einzusetzen, dass sozialhilfeberechtigte Pflegebedürftige nicht gegen ihren Willen im Doppel- oder Mehrbettzimmer in vollstationären Einrichtungen der Altenpflege untergebracht werden. Der Anspruch dieser Menschen auf Wahrung ihrer Privat- und Intimsphäre soll zukünftig stärker berücksichtigt werden.

TOP 16 „Demokratie braucht politische Bildung“ – Niedersachsen braucht wieder eine Landeszentrale für politische Bildung! (Drs. 17/4526)

Am 1. September 1954 wurde in Niedersachsen die Landeszentrale für Heimatdienst gegründet, aus der später die Landeszentrale für Politische Bildung hervorgegangen ist. Geprägt von den schmerzhaften Erfahrungen des Nationalsozialismus sollten die Voraussetzungen für eine wehrhafte Demokratie unter dem Leitmotto „Demokratie braucht Demokraten“ geschaffen werden. Friedrich Ebert hatte als erster Reichspräsident der Weimarer Republik mit diesen prägnanten Worten die notwendige Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Demokratie deutlich gemacht.

Über mehrere Jahrzehnte wurde in der Landeszentrale für politische Bildung wertvolle Arbeit für das Land geleistet. Es wurden politische Bildungsangebote für Hunderttausende Niedersachsen gemacht. Sie war über alle Parteiengrenzen hinweg ein akzeptiertes Instrument für Demokratie, Teilhabe und Bürgerbeteiligung.

Die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen war eine tiefe Zäsur der Ignoranz dieser Leistung und wurde massiv von Gewerkschaften, Bildungsverbänden, Schulen und der Bevölkerung kritisiert. Die Schließung nahm der Landeszentrale die Chance auf eine notwendige Reform, die durchaus angebracht gewesen wäre. Die Schließung hinterließ eine Lücke, die mit keiner Übergangslösung vollständig geschlossen werden konnte.

Wir beschließen die Wiedereinführung dieser Einrichtung nun mit einer breiten, fraktionsübergreifenden Mehrheit.

TOP 22 Mobilfunk im Elbrevier verbessern – Sicherheit für Mensch und Umwelt schaffen (Drs. 17/5476)

Das Land Niedersachsen trägt gemeinsam mit den anderen Anliegerländern der Elbe große Verantwortung für den einzigartigen Lebensraum Elbe und das Wattenmeer. Umso wichtiger ist es, den Schiffsverkehr im Bereich der Elbe sicher und effizient zu gestalten, um Gefahren abzuwehren und einen leistungsfähigen maritimen Handel zu gewährleisten. Die Lotsen kämpfen aber mit einem unzuverlässigen Mobilnetz, sodass stellenweise keine direkte Kommunikation zwischen Lotsen und Land möglich ist. Ohne direkte Kommunikation erhöht sich das Risiko für das hochsensible Wattenmeer und die Anrainer der Seeschifffahrtsstraße Elbe bei den immer weiter steigenden Schiffsgrößen enorm. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass dieser die in Deutschland tätigen Mobilfunkunternehmen auffordert, den Mobilfunk auf dem Revier zu gewährleisten.

TOP 26 Verfassungsfeindliche Propaganda und Hetze im Internet konsequent bekämpfen (Drs. 17/5287)

Seit vielen Monaten nehmen Beleidigungen, Bedrohungen, Volksverhetzung und ähnliche Delikte im Internet dramatisch zu. Es entsteht der Eindruck, dass das Internet dazu beiträgt, dass bei vielen Menschen Hemmschwellen sinken und sich blanker Hass öffentlich Bahn bricht. Insbesondere Personen, Verbände und Behörden, die sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus engagieren, werden immer häufiger Ziel von zum Teil heftigen Attacken. Aber auch Terrorgruppen wie der sogenannte Islamische Staat nutzen das Internet zur Verbreitung ihrer verfassungsfeindlichen Propaganda. Mit unserem Antrag begrüßen wir, dass Bundesjustizminister Heiko Maas die Betreiber sozialer Netzwerke stärker dafür sensibilisiert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und solche Inhalte konsequent zu löschen sowie die Ausrichtung der niedersächsischen Polizei bei der Bekämpfung von Cybercrime. Die Landesregierung fordern wir auf, zu prüfen, ob weiterer Reformbedarf im Bereich des Strafrechts besteht.

TOP 27 Chancen des Repowerings für verträgliche Windenergie an Land wahrnehmen: Flächen effizient nutzen, Rahmenbedingungen verlässlich gestalten! (Drs.17/5475)

Niedersachsen ist das Windenergieland Nr. 1. Mit über 8 600 Megawatt stellt Niedersachsen ein Fünftel der in der Bundesrepublik installierten Leistung. Als Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende unterstützt die Landesregierung den weiteren Ausbau der Windenergie. Geeignete Flächen müssen möglichst effizient, natur- und sozialverträglich genutzt werden. Ein verstärktes Repowering ist ein Beitrag, Flächenkonflikte zu reduzieren und die Akzeptanz der Windenergie durch verbesserten Anwohner- und Naturschutz bei der Standortfindung zu unterstützen. Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern.