Prange spricht zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes

Rede des Sprechers für Kulturpolitik Ulf Prange, MdL zu TOP Nr. 3 Abschließende Beratung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der FDP – Drs. 17/7676 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur – Drs. 17/8227 während der Plenarsitzung vom 13.06.2017 im Niedersächsischen Landtag

Ulf Prange MdL, Rede zum NHG, 13. Juni 2017

Es gilt das gesprochene Wort.

Anrede,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Den Antrag hätten Sie zurücknehmen oder für erledigt erklären sollen. Dann hätten Sie sich die heutige Abstimmungsniederlage ersparen können.
Ihr Antrag ist überflüssig. Bereits bei der Einbringung war klar, dass es eine zwischen Fachschaften und rot-grün geeinte Regelung zur befristeten Wiedereinführung des Diplomjuristen (Dipl. Jur.) gibt. Ihr Antrag kam schlichtweg zu spät.
Schon bei der Einbringung des Antrages habe ich nicht verstanden, warum Sie zusätzlich einen eigenen Antrag einbringen.
In der ersten Beratung haben Sie dann versucht, den Eindruck zu erwecken, dass wir im Gegensatz zu Ihnen keine gesetzliche Regelung anstrebten. Dieser mehr als abenteuerlichen Argumentation war ich schon im Rahmen der ersten Beratung entgegengetreten. Ich will das hier nicht noch einmal wiederholen. Nur so viel: Eine Wiedereinführung ohne gesetzliche Regelung ist gar nicht möglich. Das ist doch offenkundig, muss sich jedem, der sich auch nur ein bisschen mit dem Thema beschäftigt, aufdrängen.
Um einer Legendenbildung vorzugreifen, möchte ich hier nochmal betonen, dass im Zusammenhang mit der Beratung der NHG-Novelle 2015, mit der die streitige Regelung in § 8 NHG abgeschafft wurde, von keiner Seite die Abschaffung des Diplomjuristen angesprochen wurde, weder im Rahmen der Anhörung, noch im Rahmen der politischen Beratung im Ausschuss oder hier im Landtag.
Rot-Grün hat nun einen Gesetzentwurf eingebracht, der die befristete Wiedereinführung des Diplomjuristen vorsieht. Die Regelung werden wir als Annex zum Niedersächsischen. Justizvollzugsgesetz heute, direkt im Anschluss an diesen Tagesordnungspunkt, beschließen.

Ich möchte an dieser Stelle dem GBD ausdrücklich für seinen Änderungsvorschlag danken, den wir gerne übernommen haben. Die Formulierung des GBD ist aus rechtssystematischen Gründen besser. Bislang musste die Regelung analog angewendet werden. Durch die Klarstellung des GBD ist dies künftig obsolet.
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass der Vorschlag der FDP auch handwerklich schlecht gemacht ist, wegen Bezugnahmen auf nicht mehr vorhandene Vorschriften und weil die Wiedereinführung des Diploms nicht auf Juristen beschränkt wird. In der von der FDP vorgelegten Form ist das Gesetz nicht umsetzbar. Ich halte den Antrag schlicht für untauglich.
Warum führen wir den Diplomjuristen wieder ein? Weil wir eine Benachteiligung unserer Studierenden auf dem Arbeitsmarkt und unserer juristischen Fakultäten im Wettstreit um gute Köpfe nicht wollen. Der Wunsch der Studierenden, neben dem Staatsexamen einen Abschluss zu erhalten bzw. einen akademischen Grad führen zu dürfen, ist in den Gesprächen deutlich geworden. Die mit der Abschaffung verbundenen Sorgen nehmen wir sehr ernst.
Dennoch:
– Der Diplomjurist ist in Zeiten von Bologna ein Anachronismus. Den Bologna Prozess werden wir nicht aufhalten, sondern weiter umsetzen. Dazu gehört es auch, eine Bologna-konforme Bezeichnung für Juristen zu finden.
– Auf die fragwürdige Herkunft der Bezeichnung Dipl. Jur. – dies war der Abschluss für Juristen in der DDR – möchte ich an dieser Stelle nochmal ausdrücklich hinweisen.
– Aus rechtlicher Sicht gibt es keinen Anspruch auf die Verleihung des Dipl. Jur. Dies ist seitens der Landesregierung in der Unterrichtung nochmal deutlich gemacht worden. Dazu gibt es u. a. eine Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die eine Grundrechtsverletzung verneint. Danach erschwert das Unterbleiben einer Graduierung weder die Wahl noch die Ausübung des Berufs.

Entscheidend bei der Einstellung als Jurist sei das Zeugnis über die juristische Staatsprüfung, aus dem sich – anders als aus der Diplomurkunde – die erzielten Noten ergeben würden.
– Schließlich ist eine Vereinheitlichung von juristischen Abschlüssen sinnvoll, um die Vergleichbarkeit von Abschlüssen zu ermöglichen bzw. zu verbessern. Das hilft Arbeitgebern und Absolventen gleichermaßen.
Zurzeit gibt es einen Flickenteppich vom Wirtschaftsjuristen, über den L.L.M., den Magister jur., den Diplomjuristen usw.
Eine Harmonisierung ist überfällig. Wir wollen darauf hinwirken, dass ein einheitlicher Hochschulgrad bzw. eine einheitliche Bezeichnung gefunden wird, die neben dem juristischen Staatsexamen verliehen werden kann, damit die Absolventen etwas in der Hand haben, mit dem sie sich auch außerhalb der klassischen juristischen Berufe vorstellen können. Mir schwebt hier ein Masterabschluss vor.
Nun zur Frage der Befristung:
Eine schon jetzt nicht mehr zeitgemäße Regelung dauerhaft aufzunehmen, macht wenig Sinn. Deshalb wollen wir die Regelung befristen. Wir halten es für realistisch, innerhalb eines Übergangszeitraumes von 8 Jahren eine Vereinheitlichung der Abschlüsse auf Bundesebene hinzubekommen.
Wenn dies nicht gelingt, muss geprüft werden, ob der Titel „Dipl. Jur.“ weiterhin benötigt wird. Dies sollte durch eine erneute parlamentarische Entscheidung geschehen und nicht automatisch durch eine unbefristete Regelung.
Befristungen verstärken den Handlungsdruck. Auch deshalb ist eine Befristung hier sinnvoll.
Laut einer Erhebung der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2010 scheinen Befristungen sinnvoll bei besonders teuren Gesetzen, bei Subventionen, bei Maßnahmen, die einzelne Gruppen besonders begünstigen, bei ethisch umstrittenen Gesetzen oder bei Problemen, von denen man hofft, dass sie temporär sind. Hier sind gleich zwei Kriterien einschlägig: die Begünstigung einer einzelnen Gruppe – nämlich der Jura-Studierenden – und das Vorliegen von Temporalität.
Letztlich gehört die Befristung zu dem Verhandlungsergebnis, das Rot-Grün mit den Fachschaften erzielt hat. Dies setzen wir eins zu eins um.